Mittwoch, 26. Oktober 2011

Kann Mann treu sein?

Neulich gab es in der Sport-Umkleide eine lebhafte Diskussion, ob der Mann im Prinzip treu sein kann oder es doch eher sein muss, um die damit verbundenen Vorteile zu genießen. Es gab keine einhellige Meinung dazu, hätte mich auch gewundert.

Die stärkere Fraktion vertrat den Standpunkt, dass der Mann sich zur Treue zwingen muss, weil die Natur eigentlich etwas anderes von ihm erwartet. Schaut man sich bei unseren nächsten tierischen Verwandten, den Affen, um, dann findet man alles mögliche, aber keine langjährigen Zweierbeziehungen. Tatsächlich gibt es immer ein Alphamännchen, das sich so viele Weibchen wie möglich unter den Nagel reißt, um seine Alpha-Gene weiterzugeben. Die anderen Männchen warten lauernd auf ihre Chance, entweder heimlich ein Weibchen zu schwängern oder selbst durch Kampf zum Anführer und Erbe des Harems zu werden. Oft werden dann die Sprösslinge des Vorgängers getötet, was zwar grausam ist, aber letztlich konsequent dem natürlichen Plan folgt, nur die Besten zu fördern.

Die kleinere Fraktion verwahrte sich dagegen, mit Affen verglichen zu werden, schließlich wäre der menschliche Mann (und natürlich auch die Frau, nur um die ging es hier nicht) einen Schritt weiter auf der Evolutionsleiter und hätte damit den Darwinismus überwunden. Zwar konnten sie nicht abstreiten, dass eine gutaussehende Frau mit kurzem Rock und prallem Dekolleté ziemlich eindeutige Wünsche hervorruft aber es wäre gerade ein Zeichen von Kultur, wenn man diesen Instinkten widersteht, sobald Mann erst mal in einer festen Beziehung ist.

Vereinzelte Stimmen führten ins Feld, dass das Preis-Leistungs-Verhältnis bei einem Seitensprung einfach nicht stimmt. Für die paar lustvollen Minuten in fremden Laken die Scheidung, finanziellen Ruin oder Schlimmeres zu riskieren, wäre völlig überzogen. Aus diesem Grunde plädierten sie für Kopfkino, das könnte einem niemand verbieten und käme letztlich sogar der dem Partner zu Gute. Was allerdings ein paar Hardliner auf den Plan rief, die diese Art von Treue als Schummelei bezeichneten und meinten, dann könne man sich genauso gut trennen.

Jetzt ging es also um die Definition von Treue. Ab wann ist man untreu, wo ist die rote Linie? Darf man sich andere Partner ausmalen, darf man flirten solange man nur ‘zu Hause isst’, darf man auch mal einen one-night-stand haben, solange der einmalig bleibt? Muss davon der Partner etwas erfahren oder gehört das zum ganz Privaten, zum Recht auf persönliche Freiheit? Ist Treue automatisch eine Einschränkung dieser Freiheit oder führt sie sogar zu einer Erweiterung, weil zwei immer stärker und erfindungsreicher sind als der Einzelne?

Zur endgültigen Antwort reichte die Zeit natürlich nicht und wahrscheinlich bleibt sie auch für immer eine Illusion. Zudem hatten wir auch nur eine Facette des Themas am Wickel, nämlich die sexuelle Treue, was ist mit Freundes-, Vereins-, Marken-, Firmentreue? Wahrscheinlich nicht so bedeutend, aber dennoch wichtig. Jedenfalls ging ich mit dem Gefühl nach Hause, dass ich mich als Mann wohl in guter Gesellschaft befinde, wenn ich mich immer wieder frage, was für mich persönlich erlaubt ist und was nicht und ob die Treue zu meinem Partner meine Lebensqualität schmälert oder steigert.

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